High-Tech unter der Haut: Der Tattoo-Roboter ist da
Künstliche Intelligenz schreibt Texte, komponiert Musik, malt Bilder – und jetzt? Jetzt tätowiert sie.
In einem schicken Studio mitten in New York macht ein Roboter erste Schritte in die Welt der Körperkunst – und zwar ziemlich präzise.
Das Gerät hört auf den Namen Aero und stammt vom texanischen Start-up Blackdot. Seit April ist es im legendären Bang Bang-Studio im Einsatz – dem Hotspot, wo schon Stars wie Rihanna und Justin Bieber unter die Nadel kamen. Nur diesmal eben nicht unter eine menschliche.

Was ist Blackdot und was wollen die mit Tattoos?
Blackdot tüftelt seit 2019 an einer neuen Art des Tätowierens – ohne Zittern, ohne Fehllinien, ohne „Ups, war das zu tief?“. Finanziert durch rund 7 Millionen Dollar an Investorenkapital, hat das Unternehmen ein Gerät entwickelt, das extrem fein, leise und nahezu schmerzfrei tätowieren soll.
Zielgruppe? Menschen, die das Chaos klassischer Studios meiden. Oder solche, die millimetergenaue Schriftzüge lieben. Oder einfach Fans von Technikspielzeug unter die Haut.

So funktioniert’s: Laserblick und Mikro-Nadeln
Das Gerät ist nicht nur smart – es ist eine kleine Science-Fiction-Show:
• Zuerst kommt ein Stencil auf die Haut
• Dann scannt ein Laser die Oberfläche
• Ein KI-Modell analysiert Höhe, Tiefe, Textur
• Ein Arm mit dreifacher Nadel beginnt zu arbeiten
• Mikro-Lubrikation und winzige Punkte übernehmen den Rest
Jeder Entwurf – ob von Mensch oder KI erstellt – wird in haarfeine Punkte (ca. 250 Mikrometer) zerlegt. Diese werden dann pixelgenau unter die Haut gesetzt – angeblich mit deutlich weniger Schmerz als bei klassischen Methoden.
Warum? Die Nadel dringt nicht so tief ein und trifft weniger Nervenenden. Weniger Aua, mehr Wow.

Für wen ist das gedacht?
• Für alle, die beim Gedanken an ein Tattoo-Studio Gänsehaut bekommen
• Für Schriftzug-Fans, bei denen jeder Buchstabe sitzen muss
• Für alle, die keine Lust auf Smalltalk mit dem Tätowierer haben
In Studios wie Bang Bang übernimmt der Roboter die filigrane Arbeit, auf die menschliche Künstler eher ungern Zeit verwenden – z. B. Mini-Schriften oder geometrische Wiederholungen.
Und: Designer können Entwürfe liefern, die das Gerät dann exakt umsetzt. Ohne Kaffee-Pausen oder zittrige Hände.

Und die Tattoo-Szene? Begeistert? Eher gespalten.
Viele Tätowierer sind skeptisch. Wird hier etwa ein Handwerk ersetzt, das jahrhundertelang von Menschen gemacht wurde?
Der bekannte Künstler Dillon Forte testete es selbst: Er tätowierte die eine Hälfte, die Maschine die andere. Sein Fazit: „Es ist nicht perfekt. Aber ein bisschen wie ein Dinosaurier, der fragt: Wie groß ist dieser Meteoriten-Einschlag?“ Noch keine Apokalypse – aber wer weiß.
Kate McGann, Tätowiererin aus New York, sagt klar: Maschinen haben keine Erfahrung, kein Fingerspitzengefühl. Wenn ein Kunde mit einer verrückten Wunschidee kommt, schaltet sie in Beratungsmodus – das kann ein Roboter (noch) nicht.
Was ist mit Hauttypen, Emotionen und Kultur?
Nate Falger aus Washington D.C. lehnt es ab, sich von einer Maschine tätowieren zu lassen. Als schwarzer Kunde achtet er auf Künstler, die wissen, wie Pigmente auf dunkler Haut wirken – und die seine Geschichte verstehen. Maschinen, so sein Eindruck, sind keine Gesprächspartner.
Fazit: Zukunftsvision mit Nadel? Vielleicht. Aber noch kein Meisterwerk
Blackdot will das Gerät weiterentwickeln: Leiser, klüger, kreativer. Die KI soll bald auch normale Kunstwerke in taugliche Tattoo-Vorlagen umwandeln können – ohne dass Linien ineinanderfließen oder zu eng werden.
Bang Bang-Gründer Keith McCurdy sieht’s gelassen:
„Es gibt Dinge, die Menschen besser können. Und andere, die nur Maschinen hinkriegen. Das ist einfach eine Tätowiermaschine, nur dass man sie nicht mehr in der Hand halten muss.“

Letzte Gedanken: Glatte Linien, keine Emotionen – ist das genug?
Der Roboter kann perfekt punkten. Aber wird er auch die Gänsehaut auslösen, wenn man das erste Mal unter der Nadel liegt? Wird er die Geschichten hören, verstehen, einfühlen?
Vielleicht irgendwann. Aber heute? Ist der gute alte Mensch mit Herz, Seele und einer tätowierten Vergangenheit noch unschlagbar.